StaSi und Verfassungsschutz
 
Lieber Klaus, sei getröstet, denn bei mir ging jahrelang ein Schnüffel aus und ein, für Taschengeld vom Verfassungsschutz.
Im Jahr 1995 kam er dann vors Strafgericht Moabit, weil er mich nicht nur für den VS, sondern auch für die StaSi "beobachtet" hat.

Seit zwei Wochen kenne ich nun wenigstens mal meine StaSi-Akte. Ich hatte einen befreundeten NDR-Journalisten sie einzusehen gebeten und bevollmächtigt.
Doch so richtig echt ist die Akte nicht, denn vom verurteilten Schnüffler stand nichts drin und auch nicht von so vielen Kontakten, die in meinen politischen Funktionen unausweichlich waren, auch wenn sich nie jemand ein Schlapphut zu sein bekannte, aber wir wussten es.

Mein allzu selbstgefälliges Hoffen war immer, zuweilen auch Selbstironie, dass etwaige Schnüffler ins positive Nachdenken kommen, wenn sie zuhören, abhören und beobachten.

Ja, "alles nur Menschen" - und der politische Skandal eher, dass sich der Staat nie entschuldigt, wenn er ohne richterliche Anordnung Privatsphären verletzt.
Und auch inklusive richterlicher Anordnung würde es sich gehören, es den Betroffenen spätestens nach fünf Jahren oder Beendigung mitzuteilen. - Oder fortzusetzen gemäß Verurteilung auf gesetzlicher Grundlage und ordentlichem Prozess.

Anstand des Staates muss sein. Und solch' Anstand darf nicht durch Geheimdienstbefugnisse ausgehöhlt werden, weil es dann ein Unrechtsstaat ist.

Trotzdem grolle ich nicht, denn für mich persönlich musste es viel peinlicher sein, dass "meine Genossen" in den sozialistischen Staaten mit Andersdenkenden schlimmer umgingen - als man es mir gegenüber in der Bundesrepublik für erforderlich hielt oder hätte sich erlauben dürfen.

Aber damit rede sich im Westen niemand heraus, denn wer demokratische Regierungen und nur dann Diktaturen stürzt, sobald es scheint, dass sie nicht mehr ins Geschäftskonzept unserer Konzerne passen, der ist für das Elend, die Folter und Zerstörung mitverantwortlich, ganz gleich, was in Sonntagsreden an Frieden in Freiheit und Wertegemeinschaft den Börsenkursen und kleptokratischen Ansprüchen an Mäntelchen umgehängt wird.

Deshalb bleibt die Forderung nach Entschuldigung und Reform aus Prinzip. Aus Prinzip des Anstands, denn die Prinzipienlosigkeit der Kalten Krieger und deren gesellschaftlichen Trittbrettfahrer inner- und außerhalb des Staatsapparates war und ist durch nichts zu rechtfertigen, sondern Teil des Problems.

Markus S. Rabanus 2017-08-17

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