Hallo Martin,

m.E. gehst du zu hart mit den Kirchenkritikern ins Gericht, wenngleich auch ich von mancherlei Reaktion und Pessimismus nicht begeistert war. Andererseits ist die öffentliche Aufmerksamkeit so flüchtig, dass Kirchenkritikern kaum anderes übrigbleibt, als jetzt ihre Ansichten, Proteste zu puschen.

Ratzinger (samt Amt) ist auch mir stets interessanter gewesen als die dennoch mächtige Symbolik von Flugfeld küssendem Papst und charismatischen Auftritten. Das Gedankenwerk Ratzingers, so weit mir bekannt, gestattet mir Skepsis sowohl hinsichtlich seiner Grundlagen als auch seiner Schlussfolgerungen. Die Intellektualisierung an sich ist zwar ein Können, wäre aber noch kein Wert. 

Der Mensch Ratzinger steht mir gar nicht in Frage, sondern ist mir "glaubwürdig", wie viele meiner lieben Verwandten und Bekannten: konservativ und begründend mit den "Wirren der Moderne", was ich nur selten widerlegen kann. 

Dass es hier nicht auf flache Polemik gegen Ratzinger sinkt, sondern Chancenwahrnehmung wird, wozu auch ich ermuntern wollte, setzt exakte Auseinandersetzung voraus. Deshalb vermisste in meinem Posting gleich zweimal den Wortlaut von Reden.

M.E. gehst du zu hart mit den Medien ins Gericht, denn die wichtigeren übertrugen brav auf allen Kanälen und Titelseiten die gekonnte Vatikan-Inszenierung, bewirkten warme Emotionen, denen auch ich mich nicht verschließen mochte, weil ich nicht ganz so streitsüchtig bin. 

Gemessen an dieser emotionalen Kollektivierung begrüße ich die Ernüchterung bewirkenden Gegentöne. Ich halte die von dir konstatierte Verselbständigung des Nachrichten-Patchwork für kein spezifisch deutsches oder alteuropäisches Phänomen, sondern für medialen Spontaneität/ Opportunismus, der solche Existenzweise Phasen und Verhältnissen verdankt, in denen die Medien weniger starken Beeinflussungen ausgesetzt sind: Zensur oder selbstzensierende Staatsräson, wirtschaftliche Abhängigkeit, ... 

Es ging emotional zu, aber entspannt, ohne Hysterie, kontrovers. Für die kirchenkritischen Zwischentöne gibt es zudem gute sachliche Gründe, a) weil Kirchenkritik per se eine überaus bedeutsame Errungenschaft ist, b) weil Ratzingers Wahl tatsächlich nicht auf allen Erdteilen gleiche Begeisterung auslöste. 
Diese unterschiedliche Wahrnehmung, wie sie dir und mir aus den Ungleichzeitigkeiten globaler gesellschaftlicher und ökonomischer Entwicklungen erklärlich ist, dokumentierten die hiesigen Medien sicherlich objektiver als "Radio Vatikan" - und auch das verbessert die Chancenentwicklung.

Zum "angesagten Bush-Bashing" wende ich ein, dass er sich dessen mal mit Fotos aus der Umlaufbahn, mal mit Volksabstimmungen gegen die Homo-Ehe entscheidend zu erwehren wusste.

Wie auch immer: Allein mit Gebeten und/oder Raketen wird kein [url=http://www.inidia.de/weltfrieden.htm]Weltfrieden[/url] sein. Es braucht schon noch schnöde Weltparagraphen und den Meinungsstreit dazu.

Grüße von Sven