Islam und Familie  
 

I. Ehe und Familie


1. Verlobung

Der Islam kennt die Verlobung. In dieser Phase dürfen sich die Verlobten in der Öffentlichkeit oder in der Gegenwart dritter treffen und über ihre Lebensplanung usw. sprechen. Diese Phase dient dazu, sich gegenseitig kennenzulernen und mehr über die Denkweise und Art des zukünftigen Lebenspartner zu erfahren. Die Verlobten sollten sich jedoch nicht über zu intime Dinge unterhalten, hiermit müssen sie bis zu ihrer Ehe warten.

Dieser Beitrag wurde aus muslimischer Sicht verfasst.

Aus Gründen der Dialogie bitten wir unsere nichtmuslimischen User um Kenntnisnahme.

Es besteht die Möglichkeit zur Diskussion im Islam-Forum:

 Diskussion

2. Scheidung seitens des Mannes

Stufe 1:

Wenn der Mann den Entschluß gefaßt hat, sich scheiden zu lassen (arabisch: talaq), muß er erst einmal warten, bis die Frau sich in einer blutungsfreien Phase befindet, in der sie keinen Beischlaf hatte. Erst dann darf er mündlich und ohne Zorn (in besonnenem Zustand) die Scheidung aussprechen. Selbstverständlich sollte es gute Gründe dafür haben, aber diese Gründe werden nicht durch eine dritte Instanz geprüft. Die Entscheidung liegt allein im Ermessen des Mannes. Nachdem er dies getan hat, ist die Scheidung noch nicht vollzogen. Die Frau soll weiterhin in der Wohnung des Mannes wohnen. Es beginnt eine Zeit (im arabischen Idda genannt), die drei Monatsblutungen der Frau (bzw. drei Monate, falls keine Monatsblutung mehr vorkommt) dauert und während derer der Mann die Scheidung zurücknehmen kann. Tut er dies, gilt die Ehe als nicht geschieden. Tut er es nicht, ist die Ehe nach Ablauf der Frist geschieden. In diesem Fall kann die Ehe dennoch erneut geschlossen werden, hierfür ist allerdings ein neuer Ehevertrag erforderlich.
 
Im Falle, daß er die Scheidung zurücknimmt, wird die Ehe weitergeführt. Bei erneutem Scheidungswunsch des Mannes verfährt man noch einmal wie oben beschrieben (Aussprache des Scheidungswunsches (Talaq), Abwarten der Idda, -> Scheidung oder Fortführung der Ehe. Nach Ablauf dieser Frist ist ein Fortführen der Ehe wiederum nur mit einem neuen Ehevertrag möglich.)

Ist die Scheidung auch beim zweiten Mal während der Idda zurückgenommen worden, wird die Ehe wieder ohne erneuten Ehevertrag weitergeführt. Wenn nun noch einmal von Seiten des Mannes der Wunsch besteht, die Ehe zu scheiden, so ist dieser Entschluß endgültig. Es gibt hier keine Frist (Idda, s.o.), die
Ehe ist sofort geschieden und kann auch durch einen erneuten Ehevertrag nicht weitergeführt werden. Erst, nachdem die Frau die Ehe mit einem anderen Mann geschlossen hat und von diesem wieder (endgültig) geschieden ist, kann sie erneut die Ehe mit ihrem früheren Mann eingehen. Dies soll bewirken, daß sich der Mann sehr gut überlegt, ob er sich wirklich von der Frau scheiden lassen will.
 
Allgemein gilt, daß die Scheidung während der Idda als zurückgenommen gilt, wenn der Mann dies äußert oder Beischlaf mit seiner Frau hat.

Nach Meinung eines großen islamischen Gelehrten gilt übrigens:
"Von allen erlaubten Dingen ist die Scheidung das von Gott am meisten verabscheute."
 
3. Islamische Trauung in Deutschland

Zu einer islamischen Trauung in Deutschland gehört:

1. Die Eheschließung muß standesamtlich durchgeführt werden. Es empfiehlt sich, bestimmte typisch islamische Klauseln der Ehe bei
einem Notar in Form eines Ehevertrages festzulegen (z.B. Morgengabe, islamische Erziehung der Kinder oder islamisches Erbrecht).

2. Man sollte zusätzlich noch eine islamische Eheschließung in der Moschee durchführen. Maßgebend ist aber die standesamtliche Heirat, da nur sie den Schutz der Ehe durch das hier gültige Gesetz garantiert. Die islamische Eheschließung in der Moschee besteht aus dem gegenseitigen Ja-Wort der beiden Eheanwärter und die Einigung auf eine Morgengabe vor mindestens zwei Zeugen. Danach muß die Ehe öffentlich verkündet werden. Die Ehe ist nicht zeitlich begrenzt. Dies ist die Definition der islamischen Eheschließung, wenn man sich nur auf das absolut wesentliche beschränkt.
 
4. Wie steht der Islam zur Adoption?

Aus dem Koran geht das Verbot der gesetzlichen Adoption hervor. Mit Adoption ist hier die Annahme eines nicht-leiblichen Kindes, deren Eltern noch leben. Auch die Adoption eines Kindes dessen Eltern bereits verstorben sind ist nicht erlaubt.

Folgende Stelle bafaßt sich mit diesem Thema: (Übersetzung des Koran Adel Theodor Khoury) [33, 4]: "(..) Und Er hat eure Adoptivsöhne nicht wirklich zu euren Söhnen gemacht. Das ist eure Rede aus eurem Munde. Aber Gott sagt die Wahrheit, und Er führt den (rechten) Weg. [33:5] Nennt sie nach ihren Vätern. Das ist gerechter in den Augen Gottes. Wenn ihr ihre Väter nicht kennt, dann gelten sie als eure Brüder in der Religion und eure Schützlinge." Das bedeutet, daß Allah die Kinder, die von Menschen als adoptiert angesehen werden, nicht als deren Kinder ansieht. Damit dürfen wir dies auch nicht tun.

Die Sunna liefert weitere Informationen zu diesem Thema. Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) hat selbst vor seiner Entsendung als Prophet einen Jungen Namens Zaid adoptiert, dessen Eltern lebten. Als Allah die Adoption verbot, deklarierte der Prophet Zaid als Sohn seines natürlichen Vaters also nicht als seinen eigenen Sohn. Um alle Zweifel über die nun nicht mehr väterliche Beziehung zu Zaid zu beheben, heiratet der Prophet (Friede sei mit ihm) die geschiedene Frau Zaids, was er als sein Schwiegervater nicht hätte machen können. Der Prophet wollte damit zeigen, daß die Adoption verboten ist, man zwar Pflegekinder nehmen kann, diese jedoch niemals den rechtlichen und gesellschaftlichen Status eines leiblichen Kindes erhalten dürfen.

Über den Grund für dieses Verbot kann nun spekuliert werden. Die Adoption wird als eine Verfälschung der natürlichen Ordnung angesehen. Das heißt, daß die Adoption die Familienordnung durcheinanderbringt. Dem Adoptivkind (ob Junge oder Mädchen) wird der vertraute Zugang zu Familienangehörigen des anderen Geschlechts ermöglicht, den er/sie nicht haben darf.
Hinzu kommen mögliche Streitigkeiten hinsichtlich des Erbes. Das Adoptivkind bekäme, falls die Adoption erlaubt wäre, einen festgelegten Anteil des Erbes und nimmt damit den rechtmäßigen Erben der Eltern einen Teil des Erbes, der ihnen zusteht, weg. Daß dies oft genug zu Streit führen kann, kann man sich vorstellen.
 
5. Wie steht der Islam zu außerehelichen Beziehungen mit dem anderen Geschlecht?

Außerhalb der Ehe ist es nicht erlaubt mit einer Person, die man heiraten kann, Zärtlichkeiten auszutauschen oder gar Beischlaf zu haben. Dies gehört zur Moral und Ethik des Islam, der in der Ehe die gesunde Institution für ein Zusammenleben zwischen Mann und Frau sieht, in der die kommende Generation erzogen wird. Darüber hinaus müssen Situationen vermieden werden, die dazu führen können, daß es zu einer nicht erlaubten sexuellen Beziehung kommen kann.
 
6. Sexuelle Verweigerung in der Ehe (seitens des Mannes oder der Frau)?

Der Islam erlaubt es der Frau nicht, sich ihrem Mann ohne berechtigten Grund (also willkürlich) sexuell zu verweigern. Dies wird aus folgenden zwei Hadithen deutlich:
1. Abu Huraira berichtet, daß der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) gesagt hat: "Wenn eine Frau die Nacht mit der Absicht verbringt, das Bett ihres Mannes zu meiden, so werden die Engel sie solange
verfluchen, bis sie von ihrem Plan absieht." (überliefert u.a. von Buchari und Muslim, also authentische Überlieferung).
 
2. Abu Huraira berichtet, daß der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) gesagt hat: "Wenn ein Mann seine Frau in sein Bett bittet, und sie es ablehnt, zu ihm zu gehen, so wird sie von den Engeln solange verflucht, bis sie am nächsten Morgen aufsteht." (überliefert u.a. von Buchari und Muslim, also gesicherte Überlieferung).

Warum gibt es dieses Verbot? Der Islam betrachtet die Ehe als das Kernstück der Gesellschaft. In ihr sollen die Familienmitglieder einen Ort des Friedens und der Geborgenheit finden, in dem u.a. die nächste Generation mit der Moral und Ethik des Islam heranwächst und durch eine gute Bildung zum geistigen und weltlichen Fortschritt der Gesellschaft beiträgt. Allah verbietet deshalb jeden außerehelichen sexuellen Kontakt, dieser stellt eine Gefahr für eine intakte Familie und somit für die ganze Gesellschaft dar. Auch verbietet der Islam alles, was zu einem solchen außerehelichen sexuellen Kontakt führen könnte.
Und genau hierzu zählt die sexuelle Verweigerung einer der beiden Ehepartner gegenüber dem anderen. Wenn dieser nämlich nicht dazu kommt, seine sexuellen Triebe auf erlaubter Weise zu befriedigen, besteht die verstärkte Gefahr der unerlaubten Befriedigung.

Gibt es Ausnahmen zu dieser Regel? Wenn die Frau sich jedoch aus gutem Grunde (also gesundheitlich oder psychisch) nicht in der Lage sieht, den Geschlechtsakt mit dem Mann zu vollziehen, sollte der Mann sich geduldig und barmherzig zeigen. Er darf die Frau keinesfalls durch Gewaltanwendung dazu zwingen noch ihr durch Psychoterror so lange Schaden zufügen, bis sie sich ihm gezwungenermaßen beugt. Die Frau muß bedacht sein, ihre Hinderungsgründe möglichst schnell zu beseitigen. Es ist verständlich, daß der Zwang der Frau zum Geschlechtsakt nicht im Sinne des Islam steht. Der Gesandte Allahs hat gesagt: "Der
beste unter euch ist der, der seine Frau am besten behandelt". (Hadith sahih - gesicherte Überlieferung).
 
Und der Mann? Auch der Mann darf sich der Frau nicht ohne Folgen sexuell verweigern. Dies geht aus folgendem Koranvers vor: "Für die, die schwören sich von ihren Frauen zu trennen, seien vier
Monate Wartezeit festgesetzt. Kommen sie dann zur Vernunft, siehe, so ist Allah verzeihend und barmherzig. Und wenn sie zur Scheidung entschlossen sind, siehe, so ist Allah hörend und wissend" (2:226-227) Hierzu sagt Al-Qaradawi in seinem Buch "Erlaubtes und verbotenes im Islam": "Einer der Aspekte der Sorge für die Rechte der Frauen seitens des Islam besteht darin, dem Mann zu verbieten, so verärgert über seine Frau zu sein, daß er die geschlechtliche Beziehung mit ihr für einen Zeitraum einstellt, den sie nicht ertragen kann. Wenn diese Einstellung der geschlechtlichen Beziehung seinerseits von einem Schwur begleitet wurde, sind ihm vier Monate gegeben, sich zu beruhigen und zu seiner Frau zurückzukehren. (...) Allerdings muß er trotzdem Buße für seinen Schwur leisten." Wenn die Zeit aber verstreicht, gilt seine Frau sofort als geschieden, als Strafe für die Vernachlässigung ihrer Rechte.
 
7. Zustimmung der Frau zur Heirat

Es ist das Recht der Frau, die Entscheidung über eine Heirat zu treffen, und ihr Vater oder Vormund darf sich nicht über ihre Einwände oder ihre Wünsche hinwegsetzen. Der Prophet (s) hat gesagt: "Eine Frau, die schon einmal verheiratet war, hat mehr Verfügungsrecht über sich als ihr Vormund, und die Erlaubnis einer Jungfrau muß von ihr ersucht werden, und ihre Erlaubnis ist ihr Schweigen." (Überliefert von Buchari und Muslim - also eine gesicherte Überlieferung).

Ibn Madscha und einige andere Überlieferer berichten den folgenden Hadith:"Ein Mädchen kam zum Propheten (s) und berichtete ihm, daß ihr Vater sie gegen ihren Willen an ihren Vetter verheiratet habe. Daraufhin überließ der Prophet (s) ihr die Sache. Sie sagte dann: "Ich bin damit einverstanden, was mein Vater getan hat, aber ich wollte es den Frauen bekannt werden lassen, daß Väter in dieser Sache nicht die Entscheidung haben."
 

8. Scheidung seitens der Frau

Ist die Scheidung seitens der Frau gewollt (arabisch: chulla), so muß sie sich an ein Gericht oder einen Schiedsrichter wenden. Dieser kann die Ehe aufheben, wenn die Begründung der Frau einem der folgenden Gründe entspricht:

Impotenz oder Unfruchtbarkeit des Mannes (um dem eventuellen Kinderwunsch der Frau gerecht zu werden)
Armut (weil der Mann z.B. faul ist)


Quelle: unser altes Islam-Forum
 
 

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