Globalisierung 200512 

Ich finde es spannend und will die Kontroverse durchnehmen, denn ich sehe ihre Relevanz nicht nur für die Weltwirtschaftssituation, sondern auch in sicherheitspolitischer Hinsicht.

Zwei Kontrovers-Ebenen wiederholen sich:

1. Ebene = "Anschluss an die Entwicklung durch freies Spiel der Kräfte von unten" oder "Globale Spielregeln seitens der Vereinten Nationen", 

2. Ebene = "Die USA werden nie mitmachen" oder "Die USA müssen mitmachen".

Zur 1. Ebene: 

Was führt seit einigen Jahren so spürbar zur Verschiebung des Weltwirtschaftswachstums in andere Weltregionen? Sind beispielsweise China und Indien überhaupt vergleichbar, denn trotz eigener Freunde, die in beiden Staaten für deutsche Firmen wirken, erhellt sich mir das Bild kaum. 
Die Welthandelszahlen zeigen, dass es boomt und der Energiebedarf ebenso, was sicherlich nicht nur Energie für die gigantisch werdende Exportindustrie ist, sondern mindestens im "Abfallprodukt" auch mit steigendem Inlandskonsum zu tun hat. Aber welche dieser beiden Milliarden-Mensch-Staaten wird mit diesem Prozess welche politische Entwicklung nehmen? Die chinesische Führung will bremsen. Kommt sie politisch nicht mit? 

Doch das nur nebenbei, denn die 1. Kontrovers-Frage war mir, ob die "Entwicklung von unten und frei" erfolgt sei. Und das halte ich für ein Hirngespinst, wie es wohl nur aus der Perspektive eines unserer gehätschelten Politikers entstehen kann, der unter Wende-Bedingungen sein Glück mit Talent verwechseln möchte, dass er mal kurz ins Sachsenland ziehen durfte, als man ihm bei den Schwaben nichts bot.

Ich bezweifle ihm nicht den Kredit, der solchen Leuten voraus- und nachläuft, aber sein Können in tatsächlichen Dingen der Wirtschaft, denn dazu müsste er vermutlich mal wirklich "von unten" dem freien Spiel der Kräfte ausgesetzt sein, eine Idee so gut erklären, dass sie Leute in fernen Etagen studierend glauben, die ihn nicht kennen, aber auf die Idee Kredit geben. Und den er dann auch zurückzahlen kann. Das musste er nie, das lernte er nie, da ist er wie Schröder und taugt für jeden Vorstandsjob, weil ihn die Leute kennen, zu denen er gut war. In politischen Ämtern.

Tut mir leid für seine Fans. Ich halte ihn nur für kompetent in bereits prosperierenden Netzen. Und wenn er dort die wirklichen Experten nicht behindert, dann ist er gut genug. Für den Ruf und die Kontakte.

Ich erlebte Wirtschaft nie anders und verstand sie so, dass ich Teil ihrer wurde, aber imponiert hat mir das Große schon nicht mehr, sobald es greifbar wurde, denn dann kam meist der Schwindel und Selbstbetrug zu nah. 

Jetzt bekam einer den Nobelpreis für seine Entdeckung des Spieltriebs in der Wirtschaft. Das ist Verrat!!! :-)  Nein, für einen Wissenschaftler ist das gewiss eine enorme "Entdeckung", denn wie sollte er als Nichtkapitalist eigene Erfahrung haben, dass spätestens aller Kapitalismus jedem Kapitalisten von Anbeginn "Spiel" ist, durch die Lust auf Gewinn verzichten zu lernen, zu riskieren, ob das Ding gelingt. 
Und süchtig kann das machen, wie ein Landwirt niemals würde, solange er nur seine Familie hat.

Banal ist das, aber wer mag schon glauben, dass Großes banal ist, denn kaum jemand könnte sich verzeihen, dass er dann noch so klein ist. Wer Trost für sich braucht und Schimpf für das Ganze, darf sich vergewissern, dass der Kapitalismus eben nur funktioniert, wenn er dafür sorgt, dass Größeres etwas seltener bleibt als das Kleine in der Masse, dem es immerhin dann gut gehen kann, wenn es nicht nur neidvoll guckt, sondern auch als Masse organisiert, dass genug in die Kassen der Masse abfällt.

Ein Freund ging nach China, baute dort zunächst ein Krankenhaus für das ZK, ein anderer ging nach Hongkong, wo jetzt das Spielzeug von 1000 Händen hergestellt wird, was hierzulande 20 Leute mit Maschinen schafften, aber nun arbeitslos sind. Sogar die Maschinen wurden arbeitslos. So billig sind die Hände in China. 

Und die Menschen in China? "Anschluss von unten"? Kam der Anschluss nicht von hier und wurde [i]mit denen ganz oben da hinten[/i] organisiert?
Doch, so war es. "Die da oben" machten es. Und die unten fragte man weder dort noch hier.

Und nun "Kein Hunger mehr"? 

Die Löhne sind tief, die Hände kamen vom Land, wo sie nun den Eltern und Großeltern fehlen. Wir wissen wenig von China, denn freies Recherchieren gibt es dort nicht. Lothar Späth weiß da vielleicht sogar mehr als ich, aber vielleicht interessiert es ihn nicht so sehr, dass er warten mag mit Weltreformen. Während Menschen sterben. Weit weg.

Trotzdem kann Späth recht genug behalten, denn wenn ein Land sicher ist und die Waage hält zwischen den vielen Kleinen und den wenigen Großen, so dass es nicht explodiert, dann kann es besser werden und das hält die Unteren mit den Oberen immer ein bisschen besser zusammen, als wenn die Knute halten soll - und auch die Not eint nicht wirklich. 

Aber es wird dennoch so sein, dass wir ohne Regularien, wie sich die Wasser, Gifte und Energien verteilen, nur zugucken werden, wie mehr und mehr Menschen ins Elend geraten, wie die Welt feindlicher wird mit immer schlimmeren Waffen und auch schlimmeren Ideologien, denn im Unterschied zu vielen - nicht nur hier im Forum - denke ich, dass eine Waffe nur haben kann, wer an sie glaubt. 

Und woran glaubt Lothar Späth, wenn er sagt, dass globale Regularien entbehrlich seien? 

Hätte er dann nicht auch zu seinen politischen Zeiten Wahlkampf gegen das Arbeitsrecht und die Sozialpflichten führen müssen? Gegen Rentenbeiträge, gegen die Krankenkassen und die Pflichtbeiträge zur Arbeitslosenversicherung? Damit ein jeder bekomme, was er für sich selbst aus lauter Klugheit vorsorgte, wofür er mich lästern darf, dass ich lästere gegen die Vernunft des Einzelnen. 

Aber ich glaube eben mehr als er an die Übereinkunftsfähigkeit, an die sozial höher denkende Vernunft aus gemeinsamen und allgemeinen Gesetzen, als wenn es jedem überlassen wäre, was er heute für seine Pflichten hält und morgen als seine Rechte braucht.

Wie kann jemand wie Lothar Späth, der seinen Wohlstand einzig und allein dem Überbau eines geordneten Gesellschaftssystems verdankt, nun den Anstrengungen einer sozialen Ordnung im Globalen das Veto vortragen?

Nur aus einem Grund: Er lebt in der Parallelgesellschaft derer, die einander Lügenbücher schreiben, gern gelesen, die sich ihr Dasein nicht anders erklären lassen wollen als durch eigene Leistung, harte Arbeit, als wüssten sie, wie hart die Arbeit anderswo ist und auch für sie wäre. 

Es ist der kollektive Selbstbetrug zulasten Dritter, der ideologisch auf Distanz gebrachten "Dritten Welt", was verglichen noch unwahrer als der Glaube an die Erde als Scheibe ist. 
Aber macht Glaube erst glücklich, dann das Nachfragen oft nicht mehr so sehr. 

Doch vielleicht wäre er ja gar für Regularien und nur fatalistisch, weil die USA nicht mitmachen würden?

Damit sind wir dann bei der 2. Frage, ob die USA sich weigern oder müssen. Da wurden sich die beiden nicht einig. 

Aber auch keiner von beiden würde einig mit mir, so sehr auch ich sage: "Jeder muss", denn es gibt keine zwei, drei, vier Welten, sondern immer klarer zeichnet sich ab, dass die "Oneworld" kein Hirngespinst ist, sondern Realität und Verpflichtung. 

Nur sage ich im Unterschied zu anderen "Amerika-Bekehrern", dass wenn jemand nicht tut, was er soll, weil ihn tatsächlich niemand zwingen kann, auch gar nicht mal träumen darf, weil das der Weltuntergang wäre, dann heißt das längst nicht für den Rest der Welt, dass sie warten müssten, warten dürften, das Erforderliche zu tun. 

Im Gegenteil verdirbt es mehr, je länger jeder Einzelne der übrigen 5,75 Milliarden Menschen auf dem falschen Weg sind. 

Und dieser falsche Weg ist nicht etwa nur, dass wir auf Sozialpflichten im globalen Maßstab verzichten, sondern wäre auch, wenn wir es "bloß" für eine Frage der gerechten Verteilung hielten, obwohl die unmittelbar von größter Bedeutung für wenigstens ein Drittel der Menschheit ist.

Der falsche Weg ist unser , sondern auf Dauer, besser heute als morgen, dass da auch noch ein Wachstumsproblem ist - in unserer Ideologie aus unserem Wirtschaftssystem, das sich vollkommen absurd die Ressourcen unendlich vorstellt, obwohl die Entwicklung den Verbrauch übersteigert und für immer mehr Menschen die Entwicklung blockiert, weil die Energiepreise von ihnen nicht mehr gezahlt werden können, aber sie im Müll unserer Ideologien und Industrien verarmen. 

sven                 - unfertiger Text -

>> Globalisierung