Exportweltmeister

Deutschland wieder Exportweltmeister

FINAL-Medienkritik

Erstmals seit elf Jahren exportiert die deutsche Wirtschaft wieder mehr als jedes andere Land auf der Welt. Das berichtet die "Financial Times Deutschland" (FTD). Die Ausfuhren lagen im August mit umgerechnet 62 Milliarden Dollar um mehr als sieben Prozent über dem Export der USA - dem bisherigen globalen Spitzenreiter. Damit kehren die deutschen Exporteure wieder auf eine Position zurück, die sie über weite Teile bereits in den 80er Jahren inne hatten, nach der Einheit aber verloren.

Erste Anzeichen für die Rückkehr auf den Spitzenplatz gaben laut "FTD" schon die Daten aus dem Frühjahr. Die deutschen Warenausfuhren lagen nach OECD-Zahlen auf Dollar-Basis in saisonbereinigter Rechnung erstmals im April höher als die US-Exporte. Mit Abstand folgt an dritter Stelle Japan, wie aus entsprechenden Handelsdaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Internationalen Währungsfonds und nationalen Statistikämtern hervorgeht.

Unzureichende Information

Dieser Part der Meldung bringt zwar Fakten, aber diese Fakten spiegeln nur die halbe Wahrheit, weil der Vergleich so ungleich großer Staaten weit weniger spektakulär und informativ ist als die Pro-Kopf-Exportquote, denn die Unternehmen und Politik reden den Arbeitnehmern seit Jahren ein, dass sie "international nicht konkurrenzfähig" seien, dabei spricht alles dafür, dass der Durchschnittsarbeitnehmer Deutschlands überaus wettbewerbsfähig produziert, ansonsten läge Deutschland zwangsläufig und weit abgeschlagen hinter den USA und hinter Japan auf dem dritten Platz der Staatenliste.

Zudem ist der informative Wert von Exportzahlen arg begrenzt, wenn sie nicht zugleich mit der Handelsbilanz genannt werden.

"Durch zunehmende Lohnzurückhaltung aufgeholt"

Nach Einschätzung von Experten ist die günstige Kostenentwicklung seit Mitte der 90er Jahre ein Grund für die gute Leistung. "Deutschland hat durch zunehmende Lohnzurückhaltung merklich aufgeholt," sagte Harald Jörg, Volkswirt bei der Dresdner Bank, gegenüber der Zeitung. Deutschland profitiert nach Einschätzung von Morgan Stanley davon, besonders auf jenen Exportmärkten vertreten zu sein, deren Nachfrage selbst im globalen Abschwung seit 2001 robust gewachsen ist - vor allem in Mittel- und Osteuropa.

Verstärkt wurde der Aufwärtstrend der deutschen Exporte im ersten Halbjahr durch die Aufwertung des Euro. Dadurch ergibt sich rein rechnerisch ein höherer Dollar-Wert für die Ausfuhren.  

Quelle: ARD-Online 14.10.2003 14:49 Uhr

Verstärkung der Desinformation

Die obige Desinformation wird durch den Zwischentitel "Durch zunehmende Lohnzurückhaltung aufgeholt" verstärkt und im weiteren Text verdreifacht. Erst danach werden andere Faktoren benannt, die mit der suggestiven Lohnzurückhaltung weniger zu tun haben: a) Erfolg in speziellen Regionalmärkten, b) Wechselkurs-Entwicklung.

Die Schwerpunkt-Message lautet jedoch "Aufholen durch Lohnzurückhaltung" und ist durch nichts zu rechtfertigen, sondern nimmt gegen Arbeitnehmerinteressen Partei, indem von deren  offensichtlich hervorragenden internationalen Wettbewerbsfähigkeit abgelenkt wird - immerhin ohne Entlastung auf dem Arbeitsmarkt und ohne Abbau der Staatsverschuldung.

Sven200406      DISKUSSION